Spanischer Traum
Das "tiefe Loch", in das ich fiel,
als man mich pensionierte,
war doch nur ein Gedankenspiel,
der mich gar nicht berührte.
Ich spürte keine "schwarze Leere"
in meinem Ruhestand,
der ich mit Mühe mich erwehre,
mir waren Ziele gut bekannt.
Ich reiste gleich ans Mittelmeer,
an meine Küste "Azahar",
ich liebte diese Küste sehr,
die wild und so poetisch war.
Orangen bäume blühten nicht,
als ich am Zielort ankam,
der ganze Küstenstrich war dicht
bebaut und völlig zahm.
Die Küstenstrasse war planiert
und endlich gut beleuchtet,
kanalisiert und reguliert,
vom Meer kaum mehr befeuchtet.
Der Bauer in der Nachbarschaft
betrieb auf Artischocke-Land
ein Restaurant statt Landwirtschaft,
für das er Kundschaft fand.
Der Schäfer, der vor Jahresfrist
auf freiem Feld die Herde trieb,
er hofft wohl, dass man bald vergisst,
dass er sich mal an Schafen rieb.
Das Tante-Emma-Lädchen
war nun ein Supermarkt
mit angestellten Mädchen -
der Chef mit Herzinfarkt.
Das Städtchen dicht am Mittelmeer
bekam etwas Mondänes.
Die Leute dort tun sich noch schwer -
Ein tourist guide erwähnt es.
Den Sandstrand schafft man von weit her,
pflanzt Pinien und Palmen,
säumt ein das einstmal wilde Meer,
und die Hotelschornsteine qualmen.
Apartementos und Chalets,
sie wachsen aus dem Boden,
und schon gekauft von den Senores
in südwestdeutschem Loden.
Die Gäste, die an Ferientagen
die Ferienhäuser mal besitzen,
man hört sie in den Kneipen klagen
und bei der Arbeit schwitzen.
Da wird gehämmert und gesägt,
gespachtelt und gemauert.
Man merkt, dass Bienenfleiß sich regt,
und dass es etwas dauert,
bis man es so hat wie zu Haus
in Bottrop oder Osnabrück
und kommt nicht aus dem Stress heraus,
baut laut und traut am Ferienglück
und hoffte doch auf leichte Luft
wie ich auf leichte Lebensart.
Doch dieser Traum ist schnell verpufft:
Ein Trugbild! Ich darin vernarrt.
,
Gute Reise
Ich wünsche ihr ein gutes Reisen
und angenehme Temp´raturen,
Hotels zu moderaten Preisen
und Freude am französisch Speisen,
Erfolg bei Luft- und Wasserkuren.
Sie kommt ja irgendwann zurück
und wird mir dann berichten.
Ich schicke mich in mein Geschick
und rück´ ihr Bild in meinen Blick
und werde ihr was dichten.
Jetzt, wo ich sie so gehen lasse,
da fall´n mir meine Mängel ein.
Wenn ich des Nachts ins Leere fasse
und tags zu nichts und niemand passe,
spür ich: Ich bin allein.
Mir wird es wohl nicht mehr gelingen,
so, wie ich bin, beliebt zu sein.
Statt eines von den wicht´gen Dingen
kann ich nur das zustande bringen:
`nen halbwegs akzeptablen Reim,
den ich mir mache von den Leuten
und von den Dingen dieser Welt.
Was sie mir eigentlich bedeuten,
ob oder nicht sie mich begleiten,
es bleibt dahingestellt.
Sie wird für sich sein eine Weile,
braucht sich ´mal nicht zu kümmern
und nicht zu teilen meine Freude
und das, woran allein ich leide.
Es wird sich nicht verschlimmern.
Ermita
Das Kreuz auf eines Berges Höhe,
es zeigt das Ziel von fern,
ob ich nun fahre oder gehe,
wegweisend wie ein Stern.
Und weist den steilen Weg nach oben,
der steinig und beschwerlich ist
und der, gewunden und verschroben,
auch heute noch gefährlich ist.
Bin ich dort oben angelangt,
auf freiem Platz vor der Kapelle,
blick´ ich erschrocken übers Land,
auf das bewältigte Gefälle.
Und mir wird mit den Augen klar,
wenn sie sich vor Erstaunen weiten,
dass dieser Ort besonders war
schon vor ganz langen Zeiten,
als er so manchem klugen Alten
als Rückzug diente von der Welt,
sah ihre Schönheit sich entfalten
und das nicht, was sie auch enthält.
Von hier aus ließ sich Schöpfung preisen
als Ort von großer Harmonie,
den Tönen lauschen, auch den leisen,
und was man hörte, störte nie.
Sogar der Menschen Wunderwerke
erscheinen „schön“ aus der Distanz
und künden von des Menschen Stärke,
erhalten aus der Ferne Glanz.
Heut ist die Ermita hier oben
sonntags Familien-Ausflugsziel,
statt fürs Betrachten und fürs Loben,
für pralles Leben, Spaß und Spiel.
Und während die Paella gart
und Kinder um den Grillplatz toben,
wünsch´ ich, dass man auch Stille wahrt
für einen tiefen Blick von oben
auf dieses Land, auf diese Welt
und auf mein eignes Leben
- was alles dies zusammenhält –
und auch auf das daneben.
Gewittersturm am Meer
Den Himmel, schwarz-blau, wolkenschwer,
zerreißt ein Blitz mit grellem Licht,
entzündet Feuer überm Meer,
zuckt und verzweigt sich kreuz und quer,
zielt nicht auf mich.
Ich schau´ das Götterzürnen an
vom hohen Felsen überm Strand
und weiß wohl, dass es irgendwann
mich unversehens treffen kann,
auf sichrem Land,
dass die Gewalt, die sich entfaltet
mal hier mal dort, so ungezähmt
mit Wucht und Wut, niemals erkaltet,
seit Urbeginn mit Willkür waltet,
und doch des Menschen Mut nicht lähmt.
Die Möwe
Wir sahen einer Möwe zu
am hohen Ufer überm Strand.
Der Sturmwind ließ sie nicht in Ruh,
kam von den Bergen weit im Land.
Es schien wie Reiten auf dem Wind,
sich heben, tragen, fallen lassen,
sich dabei fühlen wie ein Kind,
das Vaters Arme sicher fassen.
Sie kreiste, stürzte, übermütig,
ganz zwecklos, ohne Sinn und Ziel,
nicht beute- oder paarungswütig.
Es sah für uns aus wie ein Spiel.
Wir haben lange hingeschaut
und diesen Vogel still beneidet,
nur in Gedanken uns getraut
und ihn auf seinem Flug begleitet.
Am nächsten Tage standen wir
auf einem Schotterweg am Strand,
und vor uns lag ein totes Tier.
Ich nahm es in die Hand.
Sie war so federleicht und schön,
der Leib in weichem Flaum.
Nie hab´ ich sie so nah geseh´n . –
Ich warf sie in den Schaum.
Spanischer Staudamm
Wir stehn am steilen Meeresrand
dort, wo ein Fluss ihn bricht.
Wir schaun talaufwärts weit ins Land
und sehen Felsgestein und Sand.
Im Fluss das Wasser sehn wir nicht.
Die Straße folgt dem grauen Band,
das in die Berge führt.
Zu beiden Seiten karges Land.
Sie klebt bald an dem Felsenrand
des Tals, das enger wird.
Dann quer zum Tal, in dem wir reisen
ragt nackt und mächtig vor uns auf
ein Dammbau aus Beton und Eisen.
Hier gibt es nichts mehr zu beweisen:
Er sperrt den wasserlosen Lauf,
so dass nur noch ein Rinnsal quillt.
Dahinter hat ein enges Tal,
von grauen Felsen eingehüllt,
den Fluss mit grünem Nass gefüllt -
doch war das mal.
Nicht viel vom Stausee ist geblieben
in diesen trock'nen Zeiten.
Sein Wasser wurde abgetrieben
von Leuten, die den Luxus lieben,
und es in Pools und Teiche leiten.
Der Staudamm staut nur selten Fluten.
Es gibt kaum noch den Überfluss
des segensreichen feuchten Guten.
Der Fluss ist längst schon am Verbluten.
Er wartet auf den großen Guss.
Der kommt! Die Flut mit Urgewalt,
was ihr im Wege steht, verachtend.
Der Damm - Er bietet keinen Halt!
Bricht er erst morgen oder bald? -
wie alles Menschenwerk entmachtend,
reißt Brücken und auch Häuser weg,
macht Strassen unpassierbar.
Die Eb'ne - meterhoch bedeckt
sie mit dem Wasser, Schlamm und Dreck -
Wir sehen, dass sie hier war.
Und stehen staunend vor den Zeichen
so urzeitlicher Kraftentfaltung,
mit einer Willkür ohnegleichen,
vor der nur bleibt zurückzuweichen
zur Selbsterhaltung.
Das Boot
Einsames Boot weit vor dem Strand.
Es schwankt beim kleinsten Wellenschlag.
Darin ein Mensch, uns unbekannt.
Er treibt das Boot mit eigner Hand.
Was ihn wohl treiben mag?
Das Meer ist heut ein stiller Ort
der alte Mann darin geborgen.
Sein Boot ist wie ein kleiner Hort.
Er rudert es vom Lande fort.
Von welchen seiner Sorgen?
Vom Wasser durch ein Brett getrennt,
Freund-Feind in seines Lebens Not.
Doch er vertraut dem Element,
von dem er jede Tücke kennt,
bis in den Tod.
Sie nach Spanien.....
Nach Spanien nicht der Liebe wegen
und nicht, weil sie hier nichts mehr hält,
und deshalb auch mit meinem Segen,
auch wenn das „Segnen“ leicht nicht fällt.
Sie zu vermissen hat was Süßes,
ist eine ganz besondre Qual,
weil die Erlösung doch gewiss ist.
Und ist ja nicht das erste Mal!
Und schließlich wird sie mir was schenken,
was mich dann ganz gewiss erfreut.
Doch mag ich nur das eine denken:
Just carry yourself back to me unspoilt!
...Ich zu Haus
In Spanien, wo die Sonne scheint,
da ist sie jetzt. Ich bin´s, der meint,
er hätt´ es richtig schwer.
Doch ich bin hier nicht ganz allein,
denn vor mir steht ´ne Flasche Wein,
und die ist schon fast leer.
Die Welle
Die Welle hab ich rollen sehn,
dem Strande zu, sich überschlagend.
Hätt´ gern sie beim Entsteh´n geseh´n!
Sie war weit draußen zu erspäh´n,
die glatte See kaum überragend.
Sie war nur Wasser, schmutzig grün,
mit weißem Schaum, doch furchterregend.
Sich ihr zu stellen wäre kühn.
Sie schob die Kiesel ohne Müh'n
den Strand hinauf, sie neu verlegend
und rasselnd aneinander reibend,
doch beim Zerfließen und Erschlaffen
die Hindernisse weich vermeidend.
Was wird von dieser Welle bleiben?
Und was wird aus ihr neu geschaffen?