Undank
Jeden Tag auf der Terrasse
kriegen Drosseln, Meisen, Spatzen
Körner aus der Sammeltasse -
dir bleibt dann das Schmutzabkratzen.
Doch du fütterst unentwegt,
weil du Vogelfreundin bist.
Dreck , der bleibt, wird weggefegt,
wird dann irgendwann zu Mist.
Bis dann eines Tages - plisch!
während du im Freien speist,
in die Suppe auf dem Tisch
deine Lieblingsmeise sch...spuckt.
So was kommt dabei heraus
und dazu noch Spott und Hohn.
Führst ein gastfreundliches Haus
und kriegst Dung zum Dank als Lohn.
Um an allen diesen frechen
Drosseln, Meisen und den Spatzen
dich mit Hinterlist zu rächen,
fütterst du hinfort nur Katzen.
Ein Gast in meinem Garten
Ich mag gern früh in meinem Garten
nach meinen Blumen sehn,
wie sie das Sonnenlicht erwarten,
um für den Tag zu blühn.
Und lass am Boden meine Hände
die Feuchte fühlen, ob sie reicht,
dass alles Saft und Kräfte fände,
was hier so wächst und kreucht.
So hab ich eines Tags entdeckt
dies glitschig glatte kleine Tier,
hielt sich im grünen Kraut versteckt.
Nanu, was will die hier?
Ich hab ein paar Sekunden lang
ihr riesengroßes Herz gespürt.
Obwohl kein Hilferuf erklang,
hab ich die Angst gehört.
Ich ließ sie zappelig entgleiten,
sie schlüpfte feucht aus meiner Hand.
Dass meine Finger sie befreiten,
war, was mich ihr verband.
Ich hoffe auf sie jeden Morgen
und bin ihr in Gedanken nah,
seh ich sie nicht, mach ich mir orgen
Ist sie noch immer da?
Bin gestern ihr erneut begegnet.
Die Kröte sah mich an.
Ich hab die Freundin sanft beregnet.
Sie fand Gefallen dran.
Ente auf dem Teich
Das Entenküken ganz allein
im Rattentümpel unter Bäumen.
Da war kein Schnattern, Flattern, Schrein,
das Entenküken, noch so klein.
Zu klein um schon zu träumen?
Wo waren Mutter, Schwestern, Brüder?
Es wollte in mein Bild nicht passen.
Und die Gedanken wurden trüber.
Ich schaute zu dem Tier hinüber.
So fürchterlich allein gelassen.
Und es schwamm still und gottergeben,
bereit sein Schicksal zu empfangen.
Ich sah kein bisschen Flügelheben,
als wäre in ihm schon kein Leben,
und nichts um noch zu bangen.
Der Osterhase
Ich hab‘ gesessen und gedrückt,
gehofft, dass mir das Drücken glückt.
Wenn‘s klappt, wird es ein Osterei,
wenn nicht, ‘ne große Schweinerei.
Doch siehe da, es kommt und rutscht
fast wie von selbst ins grüne Gras.
Da sind noch mehr, ach wie das flutscht!
Nun hab ich fertig, ja, das war‘s.
Zehn Eier sind der Weltrekord.
Den werde ich nicht überbieten!
Und ‘Eierlegen‘ heißt der Sport,
Wir nennen es das Eierschieten.
Was hat der Mensch sich da gedacht,
uns Hasen artfremd zu missbrauchen?
Zum Eierlegen in der Nacht
und sie in Farbe einzutauchen.
Macht doch ein End der Narretei,
hört endlich auf mit diesem Stuss,
vermaledeites Osterei!
Esst Hühnereier mit Genuss,
und Schluss!
Unser Tago
Er ist ein selten sanftes Tier,
schwarz-weiß und lange Beine,
zeigt keine Spur von Futtergier,
gehorcht mir weniger als ihr,
führt Frauchen an der Leine.
Er liegt und döst so vor sich hin,
die Augen nur halb offen.
„Wonach“, frag ich, „steht ihm der Sinn?“
„Ob ich ihm sehr im Wege bin?“
„Worauf kann er noch hoffen?“
Er ruht in sich und quengelt nicht.
Umarme ich jedoch die Seine,
dann springt er auf und drängelt sich
und fiept und knurrt und schlängelt sich
an, um und zwischen uns‘re Beine.
Wir hören manchmal, dass er weint,
zwar ohne Tränen, dennoch richtig.
Was er mit diesem Weinen meint?
Bin Nebenbuhler ich und Feind
und ist er eifersüchtig?
Natürlich haben Tiere Seele,
natürlich haben sie Gefühl,
und was ich von dem Hund erzähle,
in Worten, die ich sorgsam wähle
es zeigt, er hat von beidem viel.
Und kann mir beides zeigen,
ganz ohne falsche Scham.
Ich müsste mich vor ihm verneigen.
Ich kann zwar lesen und auch schreiben,
bin andrerseits auch etwas arm.
Nesthocker
Vier Amselküken sind schon raus
und flattern raschelnd in den Büschen.
Ein fünftes ist und bleibt zu Haus
und lässt sich nicht ins Leben mischen.
Man lockt es mit den schönsten Tönen,
es guckt, als wollte es uns sagen:
„Dies Leben ist zum Abgewöhnen.
Ich denk´ nicht dran, den Sprung zu wagen.
Was wird dort draußen denn mein Los sein?
Ihr lasst mich bald alleine picken.
Ich muss dort fleißig, flink und groß sein,
mich selbst nach Regenwürmern bücken.
Und müsste dann das Flöten lernen,
dreimal im Jahr auf Eiern hocken,
mich um den Amsel-Nachwuchs härmen,
ihn gar nicht gern ins Leben locken.
Bleib´ ich hier sitzen, müsst ihr mich,
weil es so Brauch ist, weiter füttern.“
So sprach es, und nun lässt es sich
auf Lebenszeit bemüttern.
Außenseiter
Vor unserer Terrassentür
im Vogelbeeren-Strauch
dort hängen Futterringe für
die flinken Gäste zum Gebrauch.
Das sprach sich früh im Jahr
erst unter Meisen rum,
es folgten Spatzen, ist doch klar,
denn Spatzen sind nicht dumm.
Doch in der braunen grauen Schar,
die wir so reichlich speisen,
sind gern gesehen zwar
nur Amseln, Finken, Meisen.
Und außerdem der Einzelgänger:
die Flügel braun, die Kehle rot,
Im Wald ein sehr bekannter Sänger,
in meinem Garten ein Exot!
Er hüpft am Boden hin und her,
nimmt nur, was runterfällt.
Säh‘ gern von seiner Sorte mehr,
weil sein Gefieder mir gefällt.
Was hinter seiner roten Kehle
(dies Wissen krieg‘ ich nie geschenkt )
wohl seine kleine Vogelseele
über all die Spatzen denkt?
Herr und Hund
„Mein lieber Freund, ich muss dich loben,
dein Hund ist wirklich gut erzogen,
so gut wie Hunde selten sind,
sitzt da am Tisch wie du und ich,
und wie ein Mensch benimmt er sich,
spielt mit dir Karten und gewinnt.
„Vielleicht siehst du das übertrieben,
ein bisschen Hund ist ihm geblieben:
Kriegt er ein exzellentes Blatt,
weiß er sofort, was er da hat,
verkneift sich zwar den Freudentanz
doch wedelt noch mit seinem Schwanz.“
Entenpaar
Ich sah den beiden Enten zu:
Sie schwammen, tauchten, schwammen.
Es sah nicht aus wie Rendezvous,
einander ließen sie in Ruh.
Gehörten sie zusammen?
Sie wirkten wie nach einer Nacht
voll Leidenschaft und wilder Gier,
als hätt‘ der März sein Ding gemacht,
der Frühling ihnen zugelacht
und sie zerrupft dafür.
Der Erpel schillernd im Gefieder,
das Weibchen klein und braun gefleckt,
der Kopf im steten Auf und Nieder
sieht ab und zu den Partner wieder,
doch der hält sich bedeckt.
Sie tauchen ein und holen sich
das, was im Entenbauche fehlt,
und sind dabei nur fürsorglich
für sich und nicht mal neugierig,
als ob der andere nicht zählt.
Und später dann beim Federfetten
ist jeder selbstgenügsam,
und so sieht‘s aus, als hätten
sie gar nichts, um sich zu verketten,
als wär niemand dem andern fügsam.
Der Erpel steigt zuerst an Land
und schüttelt sein Gefieder.
Er wartet nicht am Wasserrand,
hat sich nicht einmal umgewandt.
Er ist halt ganz der Führer.
Die Ente folgt ihm zögerlich.
Ob sie sich jetzt gezwungen fühlt?
Wie sehr ist sie mit ihm vernetzt?
Wirkt sie nicht irgendwie vergrätzt,
beziehungstechnisch abgekühlt?
Die beiden Enten, die ich sah
am Okerufer Mitte März,
sie waren nur ein Entenpaar,
nur eins von vielen. Doch war da
kein Hauch von Kränkung oder Schmerz?