Nehmt mich hin...
Natürlich braucht es niemand wissen,
niemand würde was vermissen,
wenn ich fein für mich behalte,
wie ich mich zusammenfalte,
damit ihr es ja nicht seht,
wie es um mich steht.
Selbstverständlich kann ich schweigen,
brauch´ es niemandem zu zeigen,
dass ich ein Geheimnis trage,
es sehr mühsam wahre,
es in mir verschließe
und genieße.
Doch nichts lieber würd´ ich wagen,
als mutig mich zu offenbaren,
in die Welt hinauszuschrei´n:
„Ich bin so und will so sein!
Als den, der ich bin,
nehmt mich hin!“
Es ist soweit
Es klopfte an der Zimmertür,
und dann stand er im Raum.
Ich fragte ihn: „Was willst du hier,
es ist doch viel zu früh dafür,
bei mir herein zu schau´n.“
„Ich bin dein Freund. Man nennt mich Hein.“
„Ich weiß. Doch du musst draußen bleiben.
Du passt in meinen Plan nicht rein.
Ich trag´ dich für den Winter ein.
Ein bisschen Zeit wird wohl noch sein,
um Schulden einzutreiben.
Hab´ außerdem den Arzttermin,
mein altes Rheumaleiden,
und muss dann noch zum Zahnarzt hin,
weil ich dort in Behandlung bin,
am Weißheitszahn, an beiden.
Besuch ist Sonntag angesagt,
Sohn, Tochter, Enkelkinder.
Wir haben ihn so oft vertagt,
die Süßen haben schon gefragt:
‚Ist Opa jetzt gesünder?’
Mein alter Herr erwartet mich,
und auch die sehr verehrte
Mama. Die lass´ ich nie im Stich.
Wenn ich nicht komme, denkt sie sich,
ich sei auf heißer Fährte.“
„Er will dich heute und sofort,
da ist gar nichts zu machen.
Terminkalender! Es gilt dort,
wo er wohnt, immer nur sein Wort
und keine Menschen-Sachen.“
„Ich habe Schulden zu begleichen.
Wie überzeugt dich das?
Mein Kontostand zeigt Minuszeichen.
Mein Barvermögen wird nicht reichen
für dieses Schuldenfass.“
„Mein lieber Freund, es ist zu spät,
dein Herz beginnt zu flimmern.
Wer bei dir in der Kreide steht,
wie dir´s mit deinen Schulden geht –
nichts wird dich morgen kümmern.“
Kritisch selbstkritisch
Selbstkritik und die sehr offen
darf auf Sympathien hoffen,
weil soviel Bescheidenheit
jedermannes Herz erfreut.
Und statt selber auszuteilen,
lässt man sich zu Hilfe eilen,
und dann freut es einen mächtig,
hört man, sie sei unberechtigt.
Doch hab´ ich denn so was nötig?
Selbstkritik wär´ für mich tödlich.
Wenn ich tad´le, dann nicht mich;
denn ich bin untadelig!
Munter gegen mich zu reimen,
will mir höchst verrückt erscheinen.
So was lass´ ich lieber bleiben.
Unfug mögen andre treiben!
Lieber bin ich unbescheiden,
mag mich ausgesprochen leiden,
weise weit von mir zurück,
jedes blöde Stück Kritik.
Denn es reicht bei weitem aus,
lasse ich in meinem Haus,
von dem Zweifel angefressen,
meinen Selbstwert neu vermessen.
Will mich jemand kritisieren,
werd´ ich gründlich dementieren
und zum Angriff übergeh´n,
keine Schwäche überseh´n.
Ich erkläre frank und frei,
was auch immer es denn sei:
„Nichts bekenne ich und büße!
Selbstkritik ist für die Füße!“
Wer selbst sich in der Nase bohrt,
ist selbst ein virtuelles Schwein.
Macht Ihr nur weiter und so fort
und pinkelt Euch denn selbst an´s Bein.
So komm´ ich immer ganz groß raus
und bin ein ganz famoses Haus.
Ändern kann ich mich noch später,
und sei es auf dem letzten Meter.
Ich wünsche mir die Stille…
Ich wünsche mir die Stille,
in Hülle und in Fülle,
Ich mag nicht mehr das Lärmen,
und kann mich nicht erwärmen
am grellem Neonlichtertanz,
doch im Advent der Lichterkranz
und Kerzenlicht im Augenglanz
das alles lässt mich schwärmen.
Kann uns’re Welt nicht stille sein,
sich ihres bunten Lebens freun,
statt Grund zu haben, laut zu schrein,
weil Menschen gierig und gemein
und mit brutalem Machtgelüst,
mit Tücke und mit arger List,
es ohne Skrupel wagen,
zu verjagen und erschlagen,
den Friedlichen, wenn der vergisst,
dass andren er im Wege ist.
Wann wird mal endlich schweigen,
das Waffenklirren, Waffenzeigen,
das ekelhafte Kriegsgetöse ,
so todessüchtig und so böse?
Wann werden Menschen in sich gehen
um endlich endlich zu verstehn,
dass Gier und Hass und Wut und Neid,
die Wurzeln sind von all dem Leid?
Den Mördern wurde Raum gegeben,
nun trachten sie uns nach dem Leben.
Und deshalb müssen Kerzen sein,
ihr kleiner hoffnungsvoller Schein
lässt mich im Dunkeln nicht allein.
Da bleibt mir in der Düsternis
von Todesangst und Kümmernis,
banalen und den großen Ängsten,
mein tapfres Hoffen stets am längsten
auf Wunder, fern und ungewiss.
Frische Brise
Dein Lebensboot – lass es nicht dümpeln!
Ich wünsch Dir Fahrt und frischen Wind.
Du musst es ab und zu entrümpeln
von Dingen, die behindernd sind.
Ich wünsch’ Dir eine frische Brise
und einen sich´ren Hafen
und eine Sommerblumenwiese,
um dort zu schlafen.
Und dass es Dir im Alter nicht
an abendrotem Feuer fehle
und dass im Dunkeln stets ein Licht
erleuchte Deine Seele.
Die Alte am Strand
(frei nach DeMello)
Hab eine Frau am Strand gesehn,
trug einen Korb, sah seltsam aus,
sah ihre grauen Haare
im Wind. Und manchmal blieb sie stehn,
zog etwas aus dem Sand heraus,
als wär´ von Wert das Stück.
Die Kinder kamen ihr nicht nah,
nach denen sie von ferne blickte.
Das graue Kleid, das graue Haar -
den Kindern schien ganz offenbar,
als ob sich das am Strand nicht schickte,
und schauten nicht zurück.
Ich habe mich ihr zugewandt
und in den schweren Korb geschaut.
Und sah die Dinge, die sie fand
am sonnenheißen Badestrand.
Es hat mich fürchterlich gegraut,
schon auf dem ersten Blick.
Sah Flaschenhälse und die Scherben,
die Kronenkorken und Fäkalien,
die manche Menschen dreist vererben.
Sie hob es auf, um es zu bergen.
So wurden draus Devotionalien
für unversehrtes Kinderglück.
Auf kleinen Füßen
Der kleine Mensch mit seinem Ranzen –
er trödelt auf dem Weg nachhause,
ich bin vor meinem Haus beim Pflanzen,
und mache eine Arbeitspause.
„Hallo“, sagt er, hält seine Hand
mir wie zum Handschlag hin.
Ich streif von meiner ab den Sand
Kein Name kommt mir in den Sinn.
„Hans-Jürgen, lange nicht gesehn“,
sagt er und lacht mich dabei an.
Ich kann‘s noch immer nicht verstehn,
drück seine Hand und frage dann:
„Du kennst mich ja! Wer bist denn du?“
Er sagt mir, Lenard sei sein Name.
Ich kenn die Mutter, doch ich tu,
als ob ich im Gedächtnis krame.
Doch bitt‘ ich ihn, die Mum zu grüßen,
und hab ihm hinterher geschaut.
Er läuft auf noch so kleinen Füßen
und ist mir plötzlich sehr vertraut.
Entlassen
Ein Blick noch auf die Bettmaschine,
auf weiße Frau’n im langen Gang,
und im Foyer die Buchvitrine
und ein, zwei Damen am Empfang.
Die Tasche schwer in meiner Hand,
Papiere rascheln an der Brust.
Der Kopf wird nicht mehr umgewandt.
Im Schritt spür ich die Lebenslust.
Ein Windstoß trifft mich, feucht und kalt.
Ich trete vor die Eingangstür.
Die Blätter weh‘n vom nahen Wald
und landen in den Pfützen hier.
Doch dieser Tag, so grau und trüb,
er lässt mein Herz vor Freude tanzen,
denn was zu leben mir noch blieb
ist Grund zum Tulpenzwiebel-Pflanzen.
Um mich aufs nächste Jahr zu freuen
(und dafür lohnt sich mein Bemühen)
an ihrem Wachsen und Gedeihen
und ihrem Blühen.
NIMM DICH WICHTIG!
„Man muss sich nicht so wichtig nehmen!“
Wie das mir in den Ohren klingt!
Und wenn du´s tust, sollst du dich schämen!
Was mir in die Erinn´rung bringt,
wie sehr die Heuchelei mir stinkt,
die da aus allen Poren dringt,
und will sich noch verbrämen.
Nimm dir Zeit für dich,
denn niemand benötigt dich
so dringend wie du.
Es ist nicht wichtig,
für wen du dich hältst,
es ist wichtig, wer Du bist
Es reicht,
wenn nur eine Person an dich glaubt
Auch wenn diese Person
du selbst bist.
Die Teller aus der Glas-Vitrine
Ich mochte gerne sie besuchen,
die Tante in der großen Stadt.
Ich freute mich auf ihren Kuchen
und aß mich daran mehr als satt.
Sie lebte dort allein und grau
mit Sofa, Schrank und Glasvitrine.
Sie war für mich die alte Frau
und ich für sie die Großcousine.
Ich sah, wenn ich am Tische saß,
den sie mit schlichten Tellern deckte,
die bunten Teller hinter Glas,
was meine Kindersehnsucht weckte.
„Ach, Tante, darf ich auch einmal
von deinen schönen Tellern essen?“
Die ließ sich selber keine Wahl.
Der Wunsch schien ihr vermessen.
„Ach nein“, sprach sie, „die sind bestimmt
für jene ganz besond’ren Tage,
wo man die guten Teller nimmt.“
Und ich verschluckte meine Frage.
Nun ist sie tot. „Wenn ich mal sterbe“,
so schrieb sie, „kriegt die Großcousine,
und das ist, was ich ihr vererbe,
die Teller aus der Glasvitrine.“
Ob ihr vielleicht doch daran lag,
dass ihre Erbin sie vermisst?
Ich nehm' die Teller jeden Tag,
hätt' nicht gedacht, dass ich das wag',
weil jeder Tag besonders ist.
Dicke Freunde
Ein Junge aus der siebten Klasse
wird heulend ins Büro gebracht,
wo ich empörte Körpermasse
sich setzen und erzählen lasse,
was man mit ihm gemacht.
„Er ist auf meinen kranken Rücken
von hinten draufgesprungen.
Ich kann mich doch schon so nicht bücken
und geh´ vielleicht einmal an Krücken.“
Und das hat jämmerlich geklungen.
„Ich habe ihm so oft gesagt:
´Lass sein! Hau endlich ab, Mann!´“ –
Ich höre, wie er sich beklagt,
und schließlich hab´ ich ihn gefragt,
ob er den Freund noch ab kann.
„Na, ja“, sagt er und meint es so,
„es war nicht bös gemeint!“
Ich bin, noch zweifelnd, doch sehr froh
und ruf´ den Freund in mein Büro,
der bleich ist und fast weint.
Mit seinen langen dünnen Armen
umschlingt er seinen dicken Freund.
Es ist ein Bild zum Gott Erbarmen,
wie sie sich – zärtlich fast – umarmen.
Und später habe ich geweint.
Ein alter Cowboy...
Ein alter Cowboy, matt und müde,
der Gang, als wenn ein Pferd dich trug.
Woanders als in dieser Mühle
da wär´ dein Name Lanky Luke.
Als wärst du grad vom Pferd gestiegen,
mit schwerem Schritt in den Saloon,
dort an die Bar und angeschrieben,
und noch ein Bier und schließlich dun.
Der Schlapphut ist aus grobem Leder,
der Stumpen aus dem schärfsten Kraut,
kein eitler Mann, und das sieht jeder:
Du bist aus zähem Holz gebaut.
Und trägst in dir sehr tief verborgen
den Traum von Feiheit grenzenlos
und hättest ieber keine Sorgen
und wärst gern Amt und Würde los.
Und würdest gern mit deinen Söhnen
durch ungezählte Kneipen zieh´n,
anstatt nur monatlich zu löhnen,
und gern auch nach Australien flieh´n.
Du bist ganz ohne Arg und Täuschung
und wärst von echtem Schrot und Korn,
jedoch dein Lehramt macht dich keusch und
erstickt dich fast an deinem Zorn.
Wachsen lassen..
Glatt und grade soll der Baum sein,
rage in den Himmel rein
und sei stark und fest verwürzelt,
dass er niemals jemals stürzelt,
sein Gesamtbild sei symmetrisch
und sein Umfall´n hypothetisch,
er sei sturmerprobt und mächtig
und im Herbst besonders prächtig.
Ist das Bäumchen glatt und grade,
ist es auch ein bisschen fade,
ist es linksgeneigt und krumm,
ist es ganz bestimmt nicht dumm.
Dreh´n nach rechts und das forever,
ist doch überhaupt nicht clever
für den, der mit keckem Mut
sich nach links sehnt und es tut.
Ist das Bäumchen glatt und grade,
ist das auch ein bisschen schade,
ist es links und stark und krumm,
bringt es keiner so schnell um.
Und die vielen Selbstgerechten,
die nach rechts es drehen möchten,
geben mit geheimer Wut
schließlich auf und dir geht’s gut.
Vorbild
Wie gut, wenn du ein Vorbild hast
und immer strebend dich bemühst,
wenn es in deine Traumwelt passt
und du nach seinem Bild erblühst.
Wie gut, wenn Glanz auf alles fällt,
was du, ihm gleich, zu tun beginnst.
Als wärst du in sein Licht gestellt,
wirst du ganz edel umgemünzt.
Doch besser ist´s, ein Bild zu wählen,
das in der Ferne Taten tut.
Du kannst es distanziert verehren.
An es zu denken, tut schon gut.
Doch ist dein Vorbild dir erreichbar,
weil es in deiner Nähe wohnt,
und ist es außerdem vergleichbar,
dann bleibst du nur von ihm verschont,
wenn du es dir genau betrachtest,
bis es dir seine Mängel zeigt.
Ein Vorbild, das du still verachtest,
hat eben leicht und schnell vergeigt.
Wenn man älter wird...
Nichts wird mehr so heiß gegessen,
man fühlt sich in der Welt verirrt,
möchte schwarz und weiß vergessen,
Lärm, nach laut und leis´ gemessen,
wegtun, wenn man älter wird.
Jeder Tag lässt seine Spuren
furchengleich in uns zurück,
schneller laufen unsre Uhren,
jeder Schlag, den wir erfuhren,
sitzt uns schwerer im Genick.
Gedanken wenden sich nach innen,
werden dort so richtig klar.
Doch mit abgewandten Sinnen
nimmst du Stunden, die verrinnen,
und die bunte Welt nicht wahr.
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Aufgewacht am frühen Morgen:
Wie warm doch ihre Arme sind!
Schon vergisst du deine Sorgen,
fühlst dich sehr bei ihr geborgen,
drückst dich an sie wie ein Kind.
Der Eingriff
Durch lange Gänge seh ich wanken
den alten Herrn im Schlafgewand
mitSchläuchen, die sich um ihn ranken,
und weißen Binden an der Hand.
Er schleicht so langsam und gebeugt,
als suchte er, was er verloren.
Einst hatte Kinder er gezeugt
und wurde einst intakt geboren.
Die jungen Frauen, die er sieht,
wenn sie an ihm vorübereilen,
sie tragen Weiß. Er ist bemüht,
dass seine Blicke nicht verweilen.
Er ist nur einer von den vielen.
Sie zahlen alle einen Preis.
Sie werden hier zu Halb-Ruinen,
und Zweifel meldet sich ganz leis‘.
Und lässt mich diese Frage stellen:
Wird mal mein Körper so versehrt,
hab ich noch andre Lebensquellen
und sind sie gleichfalls lebenswert?
Und spenden unvermindert Freude?
Wie schwer wiegt da noch der Verlust,
entdeckt mein Geist auf gänzlich neue
noch unbekannte Weise „Lust“.
Nimm dich hin
Nur du selbst kennst dein Gewissen,
und nur du wirst wirklich wissen,
ob, woran du dich erfreut hast,
du von Herzen je bereut hast,
und ob es die Wahrheit ist,
die du nie vergisst.
Musst du heimlich Rache schnauben?
Kannst nicht an Vergebung glauben?
Willst all deine Übeltaten
Gott,der alles weiß,verraten,
damit der sie dir vergibt
und dich dennoch liebt?
Wer du wirklich bist und sein willst,
welche Sehnsucht du allein stillst,
ist in deiner Brust verborgen.
Sag dir,ohne dich zu sorgen:
„Als den, der ich bin,
nehme ich mich hin!“
Es brummt im Haus
Ein Tier brummt in der Stube rum,
so laut, dass es mich stört.
„Ne Fliege! O, die bring ich um!“
Doch macht kein Brummer so‘n Gebrumm,
Ich hab‘ mich wohl verhört.
Denn als ich sie von Nahem sah,
beschloss ich, sie zu fangen.
Da hätte ich doch um ein Haar
an einem Tier, das Freundin war,
‘nen Hummelmord begangen.
Ich fing sie mit den Händen ein.
Es ging ganz einfach so.
Sie machte sich nun still und klein,
und an der Tür ließ ich sie sein.
Ich glaube, sie war froh.
Sie torkelte zum Blumenhain
und fand gleich eine Rosenblüte,
kroch in den Blütenkelch hinein
und blieb nicht lange dort allein. –
Ich freu‘ mich, dass ich mich bemühte
um dieses bisschen Güte.
Geburtstage
Meinen Tag im Februar –
sie ließ ihn unbemerkt verstreichen,
und ihren Tag, der später war,
den konnte ich nicht mehr erreichen.
Hab´ ihr verspätet dann geschrieben,
erhielt von ihr die Antwort prompt:
Ja, leider sei es unterblieben,
wie leicht doch was dazwischen kommt!
Sie sei ganz lange krank gewesen
und erst seit kurzem wieder fit
und zweifle noch, ob sie genesen
von jenem Leid, an dem sie litt.
Ich habe mir den Rest gedacht
und später dann mit ihr gesprochen.
Sie hat schon wieder leis´ gelacht
nach all den schweren Wochen.
Danach bin ich mit Schritten schwer
durch Wald und Flur gegangen,
wog die Gedanken hin und her,
die Eigensucht in meinem Bangen.
Sie sprach von kleinen Krokusblüten,
zu denen sie die Schritte lenkt.
Auch ich will jede Freude hüten!
Sie wird mir jeden Tag geschenkt.
Ratten
Als Kind hab ich allein gespielt,
gab meinem Teddy einen Namen,
der alle Zärtlichkeit enthielt:
Er hat mich freundlich angeschielt,
hat wollig- weich sich angefühlt,
er ließ sich gern umarmen.
Er war mein Kind, ein Teil von mir,
und teilte Freude und den Gram.
Ich nannte ihn mein Plüschitier,
und beste Freunde waren wir,
bis ich zu Jahren kam.
Allein bin ich nun gar nicht mehr,
manchmal in schlechtester Gesellschaft:
die bösen Geister um mich her,
sie garantieren Wiederkehr,
und alte Schuld wiegt doppelt schwer,
wenn nichts mein Leben hell macht.
Dann kriechen sie aus dem Versteck
und pfeifen wie die Ratten.
Das macht mir einen jähen Schreck.
Sie hinterlassen Rattendreck,
sie, meines Lebens Schatten.
Bleibt Gottvertrauen standhaft stehn,
wenn mich nichts andres rettet?
Wird bei dem grausen Weltgeschehn,
von dem wir täglich Bilder sehn
noch Frieden in die Seele wehn,
der mich beschützt und bettet?
„Wer wird‘s machen, wer wird’s richten,
über mein Entsetzen wachen
und die große Angst vernichten?
Möchte mir zwar Hoffnung machen,
muss auf Garantien verzichten.
Irgendein Café wie dieses
Hast du Zeit und Appetit
- ohne Frau, Mann oder mit -
oder hast du Langeweile,
ohne Eile,
bist mal gerne ganz allein,
um mit dir selbst zu zweit zu sein,
liebst du Kaffee oder Tee,
geh ins Cafe!
Geh nur nicht in irgendeines,
such vor allem dir ein kleines,
wo du nach ein paar Besuchen
„Deinen“ Kuchen,
den du zweimal vorzugsweise
un-verschämt, jedoch auch leise
bei der Kuchenfee bestellst,
von selbst erhältst.
Geh auch nicht in so ein kaltes
sondern lieber in ein altes.
Stell dir vor, dass mit Bedacht
Torte wird von Hand gemacht.
Und es mangelt nicht an Pep den
guten alten Haus-Rezepten,
kriegst an jedem Omatisch
den Kaffee frisch.
Schon nach ein paar Wiederkehrten
siehst du Kaffeehausgefährten:
Damenkränzchen laut und lustig,
etwas pustig,
ab und zu ein Liebespaar,
sie und er mit grauem Haar,
oder manchmal auch ein Pärchen
wie im Märchen.
Manchmal ein Familienfest,
das sich hier gut feiern lässt,
da es sehr die Nerven schont,
wo man wohnt.
Selten eine Männerrunde,
die dann wuchern mit dem Pfunde:
Jeder ist mit vollem Recht
ein toller Hecht.
Oma zahlt das Sahneeis
für den Enkel Naseweis,
der guckt frech im Raum herum,
lacht sich über Leute krumm.
In der Ecke wird es hitzig:
Trennung, Scheidung – gar nicht witzig,
und es geht um Unterhalt -
möglichst bald.
Zwei ernste Frauen schau´n herein,
es müssen sehr Vertraute sein,
sie sehn sich offen ins Gesicht
und lachen nicht.
Und du spürst, die beiden teilen
Freud und Leid beim hier Verweilen,
tauschen ohne Schutz und Schild,
unverhüllt, was sie erfüllt.
Dieses Haus ist ein Asyl
für mitmenschliches Wohlgefühl,
kann beim Freuen und sich Härmen
dich erwärmen.
Wie und wer und was du bist,
ob du statt Kuchen Mettwurst isst,
magst Likörchen oder Bierchen:
Jedem Tierchen sein Pläsierchen!
Manchmal wird dir etwas glücken:
Keines andren Menschen Rücken
sitzt, wenn du kommst, frech und frisch
an „deinem“ Tisch.
Kerze wird für dich entzündet,
und dein Lieblingskuchen mündet.
Du bist endlich angekommen,
angenommen.
Sieger sein?
Will nicht mehr der Sieger sein,
nicht des Tags als Kriegerlein
nie mich unterkriegen lassen,
niemals mich besiegen lassen.
Will nicht mehr dazugehören,
wenn sie ihren Einfluss mehren,
wenn sie kungeln, wenn sie mauscheln
und die heißen Tips austauschen.
Ich kann auch beiseite stehen,
nicht mehr klar zur Sache gehen,
bleibe nicht nach jedem Fall
hart und zäh an jedem Ball.
Will nichts mehr zu sagen haben,
lieber sie zu fragen wagen,
wenn sie tuscheln, heimlich lachen
und sich richtig lustig machen.
Ich will nicht am Hebel sitzen,
lasse niemanden abblitzen,
lass´ mir nichts für nichts abkaufen,
doch die andern nicht auflaufen.
Nicht der Mann am Drücker sein
und ganz einfach bigger sein,
sitz´ nicht mehr auf hohem Ross,
bin nun endlich nicht der Boss.
Ich will lieber klüger sein
als irgend so ein Führer sein,
will nach all den Märschen
nicht mehr irgendwen beherrschen.
Bist du hart und wackelst nicht
und verlierst nie dein Gesicht,
ist die Seele bald verschoben,
du jedoch bist endlich oben.
Oben ist die Luft viel kälter.
Höher steigt und tiefer fällt, wer
Höhenflüge ausprobiert,
jämmerlich dabei verliert.
Ist dein Atem auch am längsten,
ist dir insgeheim am bängsten.
Du wirst immer müder sein
von dem dummen Sieger-Sein.