Ärgerliches Kap 1

alles was sein ist

 

Wir saßen eines Nachts mal wieder

in unserm Fischlokal am Hafen.

Die Boote waren schon am schlafen

und klirrten leis‘ im Auf und Nieder,

das Radio spielte Seemannslieder.

 

Ein großer Mann betrat den Raum

mit einer jungen Frau daneben.

Er wollte ihn heut Abend leben

den langgehegten Lebenstraum,

den Weltmann wollte er heut geben

 

Ließ seine Seemannsblicke schweifen,

die die Begleiterin nur streiften,

nach einem Platz, der zu ihm passte,

den er dann auch am Ende fand.

Er war des Sieg’s gewiss und fasste

besitzergreifend ihre Hand.

 

Dorfcafè

 

Die große Straße brummt und braust,

die Autos mögen nicht verweilen.

Im Dorf ist niemand unbehaust –

Doch wer will hier schon bleiben?

 

„Nur zu, fahrt weiter, ich will bleiben.

Hier zu verweilen ist gescheit,

in diesen aufgeregten Zeiten

bin ich im Dorf von Stress befreit.“

 

Befreit vom Tempo des Verkehrs?

Da ist der Takt der Landmaschinen.

Nein, Ruhe gibt‘s auch hier nicht mehr,

auch damit können wir nicht dienen.

 

Mein Handy klingelt laut und schrill

in mein Gespräch hinein,

und dass ich’s ignorieren will,

fällt mir auch hier nicht ein.

  

Ein bess’rer Mensch

 

Was wird man denn mit all den Jahren?

Ein bessrer Mensch als je zuvor?

Man wird nicht weise, nur erfahren

und bleibt im Kern ein dummer Tor,

 

der aufhört etwas zu bereuen,

was er nun nicht mehr ändern kann,

er kann es sich nur selbst verzeihen,

und arbeitet mit Fleiß daran.

 

Er bügelt glatt die Oberfläche

und lügt sich Standpunkt ins Gemüt,

beruft sich auf des Fleisches Schwäche

auf Unkraut, das in jedem Garten blüht.

 

Bei seines Enkelkindes Klage:

„Was habt ihr aus der Welt gemacht?“,

stellt er sein Leben nicht in Frage,

wenn er darauf verlegen lacht.

 

So lasst denn eure vielen Sorgen

nun endlich einmal wirklich los.

Denkt: „Jetzt ist Heute und nicht Morgen!“,

und dann? Ach, „bessert euch drauflos“ *).

*Erich Kästner

 

Hoffnungslicht

 

Die Erde brennt an jedem Ende,

doch unvermindert wächst die Gier.

Sie spielt den Reichen in die Hände.

Und wo in diesem Spiel sind wir?

 

Und sind wir klug, und sind wir dumm,

mit fettem oder leerem Bauch -

der Überfluss bringt Menschen um,

der Mangel tut das auch.

 

Am Hunger sterben Kinder,

weltweit steigt ihre Zahl

von Jahr zu Jahr geschwinder –

millionenfache Qual.

 

Gewalt und Krieg und Hass

und Unversöhnlichkeit,

ein abgrundtiefes Fass

von Not und Leid.

 

Und unser Klima in Gefahr,

die Eisgebiete schmelzen.

Die Konsequenz ist offenbar

nicht abzuwälzen.

 

Der Zustand unsrer Welt. –

Ist da ein Hoffnungslicht

für Wandel, der auch hält?

Ich glaub es nicht!

 

Kann unsre Welt, so tief verletzt,

noch tapfer in die Zukunft schauen?

Die Hoffnung, sagt man, stirbt zuletzt.

Bleibt uns noch - Gottvertrau’n?

 

In der Urologie

 

Es ist gar nicht appetitlich,

doch bei Störung der Entleerung

macht ein Schlauch dich richtig friedlich,

stoppt des Harns Vergärung.

 

Wenn es nicht mehr richtig läuft

in der altgewohnten Weise,

rät dein Arzt, dass man dann säuft

Minerales, literweise.

 

Kann dein Schniedel nicht mehr spritzen,

weil die Blase ist blockiert,

muß doch wo der Fehler sitzen,

und an dem wird operiert.

 

… und nix dahinter

 

Große Klappe, nichts dahinter,

vorne Sommer, hinten Winter,

schaust du tiefer, seufzt du: Schade.

Alles nur Fassade.

 

Und auch manches Schöngesicht

hält nicht das, was es verspricht,

denn es blättert mit dem make-up

bei den models schnell der fake ab.

 

Die Figur und die Gestalt

mit dem Mangel an Gehalt

ist, begrenzt im Raum auf Zeit,

nicht mehr als ein schönes Kleid.

 

Die Karosse blitzt und blinkt,

doch der Diesel- Auspuff stinkt,

und das Motorkraft-Gebrumme

überzeugt doch nur noch Dumme.

 

Schöner Schein ist auch nur Lack und

Glanz und Größe der Verpackung.

Selbst bei Immobilien kann dich

gründlich täuschen schon der Anstrich.

 

Und so manches Wahlversprechen

wird sich am Versprecher rächen ,

irgendwie und irgendwo,

war doch alles nur ‘for show‘.

 

Nicht, was auf die Sinne wirkt,

eher das, was sich verbirgt,

lohnt die Mühe für den Finder:

Schau dahinter!

 

Ich bin ein Pessimist

 

Die Meere, die uns näher rücken,

die Wirtschaft, schreibt auch  bald Verlust,

der Staat macht Schulden, die erdrücken,

und CO2 wird uns ersticken –

Ich hab‘ das lange schon gewusst.

 

Und Kriege zwischen den Parteien. –

Er hat verloren, sie gewonnen.

Ich hör‘ die Autofahrer schreien,

denn schon im Herbst begann‘s zu schneien.

Ich ahnte alles, sah es kommen.

 

So manche Bankeinlagen krachten,

die Banker hatten schwer gesündigt.

Dass sie sich aus dem Staube machten,

und sich dabei ins Fäustchen lachten,

das hatte ich längst angekündigt.

 

Und käme einmal ein Komet

auf seiner Bahn durch Raum und Zeit,

der uns’re Erde niedermäht,

dass nichts und niemand überlebt –

ich wüsste davon längst Bescheid.

 

Denn ich kann alles kommen sehen,

hab‘ immer schon und ungefragt

die schlimmen Dinge, die geschehen,

und an uns nicht vorübergehen,

vorhergesagt.

 

Und kannte dabei kein Erbarmen.

auch wenn die Zukunft trostlos war,

begann ich tapfer, euch zu warnen:

„Es tut mir leid um euch, ihr Armen.

Ihr seid verloren, ist doch klar!“

 

Nun bin ich krank und grau und alt,

und geht es mir so richtig schlecht,

dann sag‘ ich: „Ach, so ist es halt,

und euch ergeht es auch so bald

Ich hab’s gesagt. Hatt‘ ich nicht Recht?“

 

Ich blicke durch und kenn‘ mich aus

und weiß, die Menschheit braucht Belehrung,

da sei ein Raubtier in der Maus.

Ich glaub‘ an jede Weltverschwörung

und sei sie noch so krumm und kraus.

 

Recht zu behalten, ist mir wichtig,

mein ganzes Glück, wie man es nimmt.

Und jeder Treffer macht mich süchtig.

Hatt‘ ich nicht Recht, war’s dennoch richtig,

es hätte ja beinah gestimmt.

 

Wär‘ ich der liebe Gott

 

Wär‘ ich zur Zeit der lieber Gott,

wär‘ ich den Job am liebsten los.

Ich erntete nur Hohn und Spott,

Hass und Verachtung bloß.

 

Es schrei’n die am Verhungern sind,

weil seine Erde sie nicht nährt,

der Mutter ungestilltes Kind,

dem so viel Elend widerfährt.

 

Es macht nicht Freude, wenn der Chor

dem alten Mann Hosianna singt.

Man öffnet hoch und weit das Tor,

weil süß doch die Verheißung klingt.

 

Da ist kein Heiland, der uns naht

und uns von Not und Tod befreit,

und niemand, der mit Rat und Tat

die tiefen Wunden heilt.

 

Stolz auf Deutschland?

 

Hab einen weißen Mann gekannt,

mit glattrasiertem Schädel,

auf dem in Rot geschrieben stand:

„So stolz auf Deutschland“, und ich fand

das überhaupt nicht edel.

 

Ich fragte ihn, worauf er´s ist.

„Was hat dich stolz gemacht?

Und was von dem, worauf du´s bist,

stammt irgendwie von deinem Mist?

Was davon hast denn du vollbracht?“

 

Er sagte: „Also, äh...“ und dann

sprach er: „Hau endlich ab, du Arsch!“

Er hob die Faust, bot Schläge an:

„Eeii, geh in deinen Urwald, Mann!“

Und das klang ziemlich harsch.

 

Ich lass mir auch ´ne Glatze schneiden!

Ein Tätowierer soll den Spruch:

„so stolz, stolz, stolz auf Deutschland“ schreiben,

mein schwarzer Kopf soll es euch zeigen:

Ich hab von diesem Stolz genug.

 

Unkraut

 

Ach, mein Garten, ja ich liebe

ihn und hege ihn und pflege

meiner Pflanzen frische Triebe

und die Beete und die Wege.

 

Und erfreu‘ mich an den Blüten

ihren Farben, ihren Düften,

möcht‘ sie dauerhaft behüten

sie bewässern und belüften.

 

Meine Sorge, mein Bemühen

gilt den großen Prächtigen,

doch ich weiß. es profitieren

auch die kleinen Schwächlichen,

 

die sich unauffällig leise

bei den Rosen und Gladiolen

auf ganz unbefang’ne Weise,

Wasser und auch Dünger holen.

 

Nicht für euch mach ich mir Mühe,

ihr seid von mir nicht gemeint,

wenn ich schon in aller Frühe

und sobald die Sonne scheint

 

mit der Kanne, mit dem Schlauche

meine Lieblinge begieße,

tief in meine Büsche tauche

dass auch dort kein Unkraut sprieße.

 

Melde, Giersch und Löwenzähne,

sind hier gänzlich unwillkommen,

auch die ich hier nicht erwähne,

werden von mir vorgenommen,

 

mit den Wurzeln rausgerissen,

grausam zwar, was da geschah,

in den Abfallkorb geschmissen

und sind doch bald wieder da.

 

Unkraut muss man halt vernichten,

das ist eine von den Sachen,

auf die Menschen nicht verzichten.

Muss ich Kraut zu Unkraut machen?

 

Unkrautjäger und –vernichter

sind nicht nur im Garten rege.

Philosophen und die Dichter

schauen über das Gehege

 

und entdecken: Weitverbreitet

ist bei uns das Unkraut Jäten,

auch ich wurde angeleitet,

das, was Unkraut ist, zu töten.

 

Unkraut gibt es vielerlei,

und vielleicht werd‘ ich entdecken ,

irgendwann bin ich dabei.

Lass mich jedoch nicht erschrecken.

Der große Ozean und der kleine Fisch

 

Das Fischlein sprach den Walfisch an:

„Ich bin noch neu und suche hier

den Ozean. Ach, sage mir,

nirgendwo steht es hier dran,

wie ich dahin gelangen kann“.

 

Der Große sah den Kleinen an:

„Du schwimmst doch schon darin.

Dies ist der große Ozean,

natürlich steht das nirgends dran,

das macht auch keinen Sinn.“

 

Der kleine Fisch war nicht zufrieden:

„Wo ist das Wunder denn geblieben?

Der große, große Ozean! –

so wurde er mir doch beschrieben,

sei schöner als ich denken kann.

 

Das Wasser hier soll alles sein?

Es stinkt und ist kein bisschen rein.

Und tote Fische sah ich viele,

und auf dem Wasser das Getriebe,

Kreuzfahrtouristen und die schrei’n

 

und wollen Wale, Wale sehn

beim auf dem Deck Spazierengehn

und spucken in das Meer hinein

Touristenfutter, Magenschleim…

Was lässt das Meer denn noch gescheh’n?“.

 

Du - Gott

 

Sah einen Menschen, einen alten,

des Morgens in der Kirche stehn

und sah ihn seine Hände falten,

die Stirne senkend in sich gehn.

 

Und hörte seine Stimme klagen,

wie durch ein Wunder mir vernehmbar,

und betend etwas leise sagen,

was gar nicht angenehm war:

 

„Nun hör mir zu, du Gott da oben.

Ich bin echt sauer, richtig down

und mag dich überhaupt nicht loben

und kann dir, glaub ich, nicht mal traun.

 

Mein Arzt meint, ich sei ziemlich krank

und müsste bald wohl unters Messer,

mir wird bei dem Gedanken bang,

und andre Sachen stehn nicht besser.

 

Mein Sohn hat keine Arbeit mehr,

mein Enkelkind ist schwer behindert,

und die Versichrung tut sich schwer

mit Geld, das dieses Leiden lindert.

 

Steh bei der Bank hoch in der Kreide,

das Dach vom Haus ist nicht mehr dicht

und über ihm die Trauerweide –

ich fürchte, dass sie runterbricht.

 

Und meine Frau will mich verlassen,

ich sei ein Ekel, geiler Bock,

meist nur am Saufen und Verprassen

und ginge ohnehin am Stock.

 

Die Leute fragen, wie´s mir geht.

Mir geht´s besch....eiden, dass du´s weißt.

Du weißt ja, wie es um mich steht,

du, der „allmächtig“ heißt.

 

Ich stehe da mit nichts in Händen

wie Flasche leer, total kapott!

Nur du kannst jetzt noch alles wenden.

Nun hilf mir doch, du - Gott!“

 

Dem Ausgang zu ins Freie strebend

hab ich den alten Mann berührt,

wir sah‘n uns an, die Hand uns gebend. –

Ist da ein Engel, der uns führt?

 

Kein Held

 

Ach, lieber Gott, ich bitte dich,

lass klein und schwach und feige mich,

statt stolz des Lebens Last zu tragen,

den kühnen Sprung ins Leere wagen.

 

Ich bin fürwahr kein tapf’rer Held,

ich leide sehr an dieser Welt

mit ihrer namenlosen Pein:

Ich möchte nur noch schrei’n.

 

Lass mich doch einfach aus ihr geh’n,

hab‘ nicht den Mut sie durchzusteh’n.

Statt meine Hand zur Faust zu ballen,

will ich in deine Hände fallen.

 

Leidenschaft

 

Ich hab mich endlich aufgerafft

zum Sprung ins Unbekannte..

Doch weil vor mir ein Abgrund klafft,

den man mit einem Sprung nicht schafft

hab ich ´nen Fallschirm angeschafft,

damit ich sicher lande..

 

Es ist zwar meine Leidenschaft

der Flug im freien Fall.

Doch will ich nicht, dass sie verpafft,

und meines Körpers junge Kraft

vergeudet wird und auch sein Saft,

und das beim ersten Mal..

 

Mein Safetybelt wird angegafft,

ich an dem Sprung gehindert..

Ich werde blöde angeblafft:

Versichert sein sei ekelhaft!

Wenn Leidenschaft schon Leiden schafft,

dann, bitte, unvermindert.

 

 

Impfen  statt schimpfen

 

Gestern hab´ ich von dem frommen

Doktor folgendes vernommen:

„Deines  Körpers Chemikalien

zeigen keine Repressalien

 

auf des Gaumens Lustgewinne.

Im labortechnischen Sinne

bist du ziemlich heil geblieben,

hast  es  nicht zu toll getrieben.

 

Aber, und dies ist schon blöd:

Viren kommen angeweht,

packen dich voll Hinterlist,

besonders, wenn es Winter ist.

 

Darum tue dir was Gutes.

Die Gesundheit deines Blutes -

lass sie dir mit Impfstoff-Spritzen

rundum prophylaktisch schützen.

 

Statt auf Masern, Röteln schimpfen,

lasse  gegen sie dich impfen.

Gegen Diphtherie und Tollwut?

Ja, auch da sind  Spritzen  gut.

 

Hepatitis, Meningitis

und was sonst noch für ein Schiet ist,

kannst du sicher  prävenieren

durch geschicktes Vakzinieren.“

 

Kaum ein Leiden, das uns peinigt,

wird durch Impfen nicht bereinigt!

Allerdings,  und das ist Fakt,

nur, wenn es die Krankheit packt.

 

Leider gibt es viele Leiden,

die entzieh´n sich dem Vermeiden,

denn es gibt sie einfach  weiter -

unsres Lebens Wegbegleiter.

 

Und die Spritze gegen Liebe,

gegen unverdiente Hiebe,

gegen Kriegs- und Unfallwunden

wurde bisher nicht erfunden.

 

Manches Mal, so will mir scheinen,

lässt sich allenfalls beweinen,

dass das Krank-Sein erblich ist

und  der Mensch halt sterblich ist.