Der Mai
Er kommt, wenn er kommt mit Urgewalt,
so dass es durch Felder und Wälder schallt
in Häusern und Gärten widerhallt –
der Mai ist nah!
Aus den Zweigen im Gebüsch
sprießen Blätter, jene zarten.
Lüfte wehen trügerisch,
manchmal lau und manchmal frisch
leise durch den Garten.
Graues Laub wird bald vergehen,
kahles Astwerk wird nun grün,
wölbt sich über die Alleen,
Ich werd‘ Apfelbäume sehen,
die am Straßenrand erblühen.
Meisen, die sich morgens necken,
geben meiner Nacht den Rest,
Finken schwirren, flirren, zetern, zecken.
An der Hauswand und in Hecken
feiern sie ihr Frühlingsfest.
Jungen, Mädchen seh´ ich hüpfen,
lachend auf dem Weg zum Bus,
aus den Winterjacken schlüpfen,
sich betüpfen, rüpfen, züpfen
und sich sehnen nach ´nem Kuss.
Ich seh‘, wie er kraftvoll die Fäuste ballt,
und höre, wie’s überall knackt und knallt,
und fühle, wie er sich ins Leben krallt –
Der Mai ist da!.
Frühlingstag
Den Schlaf noch gar nicht abgeschüttelt,
steh´ ich im Dämmerlicht.
Den Vorhang auf, und unvermittelt
blick´ ich hinaus, werd´ wachgerüttelt
von dem, was in mein Dunkel bricht.
Die roten Ziegeldächer leuchten
mich an von gegenüber,
die Sonnenstrahlen, die den feuchten
Moder aus dem Gras erscheuchten,
sie singen Frühlingslieder.
Das Zwitschern in den kahlen Zweigen,
das Vogel-Flügel-Flattern
und Knospen, die schon Farbe zeigen,
und Nachbarn, die sich leicht verneigen,
am Teich das Entenschnattern.
Ich wende mich mit leichtem Sinn,
den Krokusblüten zu,
schau´ nach den Quitten-Blüten hin,
und lächle, weil ich glücklich bin,
bei dem, was ich jetzt tu`.
Da ist sie, diese junge Kraft,
sie zuckt durch alte Glieder.
Und was sie in mir Neues schafft,
so wunderbar und fabelhaft,
kehrt es jetzt wieder?
Kehrt er zurück der alte Traum,
so oft geträumt und oft ernüchtert,
von lieben, glauben und vertrau‘n,
vergeben und nach vorne schau‘n,
uneingeschüchtert?
Der Huflattich* blüht:
Frühling auf der Deponie
Ein blaues Band
und ahnungsvoll die Lüfte.
Dort, wo ich staunend stand,
umweh‘n mich dumpfe Düfte.
Aus grauem Müll
glimmt gelb die Sonnenblüte
am blätterlosen Stiel,
als ob sie sich verfrühte.
Sie streckt sich aus
so wie ein Außenfühler
an diesem Unrat-Haus,
mal wärmer und mal kühler.
Zuckt nicht zurück
bei Eis und Schnee im März
und weicht kein kleines Stück,
schaut tapfer himmelwärts.
Und spiegelt klein die Strahlen
der Sonne, die dort glühte.
Die ist, wenn Kinder malen,
so schön wie diese Blüte.
Spätsommer
Noch ist es Sommer. Warum schneide
ich ab die welken Rosen?
Sie stacheln zwar, doch ich beeile
mich, sie noch einmal zu liebkosen.
Ich hab´ den jungen Trieb gesehn
und Knospen, die sich zeigten.
Sah sie dann flammenrot erblühn,
wie sie sich reckten und sich neigten,
duftschwer, der Sonne zugewandt,
dann langsam sich entblättern,
als sei´n sie satt und ausgebrannt,
bereit, im Winde zu zerfleddern.
Nun liegen weich in meiner Hand,
die Blüten, die ich wählte
mit eigensüchtigem Verstand,
als ob nichts andres zählte.
Schneeglöckchen
Der Eiswind lässt die Ohren glühn.
Ich grab die Hände in die Taschen.
Erstarrt das Laken überm Grün!
Wird jemals eine Knospe blühn,
mich eines Tages überraschen?
Ein Pflänzchen mit gesenktem Hut
lässt sich durch Frost nicht zähmen,
durchbricht den Schnee, der auf ihm ruht,
als müsste es sich für den Mut
Zeit seines Lebens schämen.
Dir, kleine Blume, Dank für diesen
Lichtblick in der dunklen Zeit!
Noch locken keine warmen Wiesen.
Sei Du für deinen Mut gepriesen,
für Trotz und Unerschrockenheit.
Der Kuckuck
Ich höre gern der Lerche zu,
wenn überm Felde ohne Ruh
sie jubelt aus der Vogelbrust
die Lebenslust.
Ich lausche gern dem Drosselmann,
den man vom frühen Morgen an
so herzbetörend flöten sieht,
sein Liebeslied
Und auch das Lied der Nachtigall
weckt meiner Seele Widerhall.
Ich fühl zur späten Abendzeit
die Traurigkeit.
Doch wenn im Mai der Kuckuck schreit,
weiß ich nicht recht, ob mich das freut,
zähl meine Jahre nach und teile
mit ihm die Langeweile.
„Kuckuck, Kuckuck“, klingt`s aus dem Wald,
„Kuckuck, Kuckuck“, hör, wie es schallt.
Da er sonst nichts zu sagen hat,
klopft er den eignen Namen platt.
Frosteinbruch
Die Amsel hatte schon gebalzt
und Krokusse war´n fast verblüht.
Die Straßen waren längst entsalzt,
und Frühling sang sein Vogellied.
Kalendermäßig war es lau,
so um die fünfzehn, sechzehn Grad,
der Himmel sonnig, weiß und blau,
doch dann kam der Verrat:
Die Temp´raturen wurden eisig,
es fing ganz plötzlich an zu schnei´n,
die Hausbesitzer waren fleißig
frühmorgens wieder mal beim Streu´n.
Gesichter, die sich aufgehellt,
sie wurden wieder grau und trübe,
wer sich einander zugesellt,
verschob erst mal die Liebe.
So können Hoch und Tief
ein neues Schicksal bräuen.
Nimm alles wie es läuft und lief
und wag nicht, dich zu früh zu freuen.
Sommerhitze
Das Terrier-Tier im dichten Fell
liegt flach auf kühlen Fliesen.
Kein frohes „Bin-schon-da“-Gebell,
sein Atem hechelt kurz und schnell.
Man möchte es begießen.
Die Hand, die sonst die Hacke hält,
betupft die Stirn. Er stöhnt
und beugt sich tiefer auf das Feld,
den Oberkörper freigepellt,
vom Lerchensang verhöhnt.
Den Schatten sucht die Kreatur.
Dort tummeln sich die Mücken.
Des grellen Lichtes welke Spur
schont solche matten Pflanzen nur,
die sich an Büsche drücken.
Letzte Blüte
Am welkenden Hibiskusstrauch
da hofft die letzte Knospe,
dass sie wie ihre Schwestern auch
vom Licht der Sonne koste.
Sie ist so frühlingsprall und rot
im gelben Blätterkleid,
um sie herum der stille Tod,
doch sie nimmt ihre Zeit.
Ich wünsche ihr, sie möge blühen,
bevor der Frost sie sterben lässt,
und dass sie nach des Wachsens Mühen
erlebt ihr spätes Blütenfest.
Herbstzauber
Das letzte Leuchten später Rosen,
der Sommersonne milder Glanz,
der Wespen Rausch, ihr trunk‘nes Tosen,
Millionen Mücken müder Tanz -
Dies ist ein Herbsttag, weich und warm
mit gold‘nen Früchten in den Bäumen.
Im bunten Welken wirkt ein Charme
um still zu trauern und zu träumen.