Frühling in Berlin
Streift im März man durch die Großstadt
auf der Straßen-Sonnenseite,
ohne dass man groß was los hat
in Bezug auf Lebensfreude,
setzt man sich zum Zeitvertreib
in ein Bürgersteig Cafe,
denkt man: „Wär´ ich jetzt ein Weib,
tät mir bald der Nacken weh!“
Kaum ein Mann, der hier vorbeigeht,
frühlingsfrech und ungeniert,
guckt nicht, wenn er denn auf Frau´n steht,
und sein Augenpaar taxiert
unter Hunderten von Damen,
welche denn geeignet wär´,
ihm in dem gewissen Rahmen
zu gefallen oder mehr.
Doch die derart Angestarrten
blicken starr geradeaus,
zeigen: „Nichts ist zu erwarten!
Geht nach sonst wo und nach Haus!“
So ein angestrengtes Wegseh´n
geht auf Muskeln und die Nerven.
Besser wär´s, damit sie weggeh´n,
cool den Blick zurück zu werfen.
„Impfen statt schimpfen“
Gestern hab´ ich von dem frommen
Doktor folgendes vernommen:
„Deines Körpers Chemikalien
zeigen keine Repressalien
auf des Gaumens Lustgewinne.
Im labortechnischen Sinne
bist du ziemlich heil geblieben,
hast es nicht zu toll getrieben.
Aber, und dies ist schon blöd:
Viren kommen angeweht,
packen dich voll Hinterlist,
besonders, wenn es Winter ist.
Darum tue dir was Gutes:
Die Gesundheit deines Blutes
lass´ sie dir mit Impfstoff-Spritzen
rundum prophylaktisch schützen.
Statt auf Masern, Röteln schimpfen,
lasse gegen sie dich impfen.
Gegen Diphtherie und Tollwut?
Ja, auch da sind Spritzen gut.
Hepatitis, Meningitis
und was sonst noch für ein Schiet ist,
kannst du sicher prävenieren
durch geschicktes Vaccinieren.“
Kaum ein Leiden, das uns peinigt,
wird durch Impfen nicht bereinigt!
Allerdings, und das istFakt,
nur, wenn es die Krankheit packt.
Leider gibt es viele Leiden,
die entzieh´n sich dem Vermeiden,
denn es gibt sie einfach weiter -
uns´res Lebens Wegbegleiter.
Und die Spritze gegen Liebe,
gegen unverdiente Hiebe,
gegen Kriegs- und Unfallwunden
wurde bisher nicht erfunden.
Manches Mal, so will mir scheinen,
lässt sich allenfalls beweinen,
dass das Krank-Sein erblich ist
und der Mensch halt sterblich ist.
Der Spargel sprießt
Jedes Jahr zur Maienzeit
siehst du aufgepflügte Felder,
dort sprießt Spargel, was uns freut,
je nach Wetter bald und bälder.
Endlos lang die Spargelbeete,
Erde kunstvoll aufgehügelt
und entlang den scharfen Nähten
links, rechts, oben glattgebügelt.
Männer, Frauen aus dem Osten,
die in fremden Zungen sprechen,
kommen nicht zum Spargelkosten,
sondern nur, um ihn zu stechen.
Morgens wird die Tat verbrochen,
müssen –wehrlos – Spargelstangen,
die dem Erdreich grad entkrochen,
vor den langen Messern bangen.
So erbarmungslos erbeutet,
werden sie dann weggetragen,
werden im Akkord gehäutet,
denn nur so mag sie der Magen.
Ob es dicke, dünne, violette
sind, erste oder zweite Wahl –
Wie mein Auge sie gern hätte,
meinem Magen ist’s egal.
Vor dem Kochen wird gebündelt,
was zuvor lag auf der Waage,
jedes Bündchen wird gepfündelt,
krumme Stangen werden grade.
Ob mit Schnitzel oder Käse,
brauner Butter, Hollandaise,
ob mit Schinken oder Ei
oder Leipziger Allerlei –
ich mag Spargel, ja ich lieb ihn,
pack am Hals ihn, und ich schieb ihn
Kopf zuerst und dann ganz länglich
mit dem Messer, etwas bänglich,
denn sein Ende ist oft heiß,
wie ich weiß,
in den Mund, und dort zergeht er,
schluck ihn runter. Etwas später
lauf ich, denndann bläht er
meine Blase.
Spargel fördert die Ekstase,
sei, so spricht es sich herum,
ein Aphrodisiakum.
Muss er deshalb, kurz und klein,
in der Hochzeitssuppe sein?
Ich weiß nur, woran es liegt,
wenn es riecht.
Ein stiller Ort
Gehst du manchmal ins Cafe
oder in ein Esslokal,
trinkst du Kaffee oder Tee,
Wein, Bier,Brause, ganz egal,
spürst du bald ein Druckgefühl
unterm Gürtel irgendwo,
dir wird unvermittelt schwül,
und es drängt dich auf ein Klo.
Dies zu finden ist dann schwer,
wenn kein Pfeil dich dahin leitet,
manchmal kommt dir jemand quer,
der dich schnell dorthin begleitet,
weil er selber dringend muss.
Nach Beschreibung geht’s auch so,
find´st du ohne viel Verdruss
deinen eignen Weg zum Klo
Und im Stehen oder Sitzen
starrst du auf die weißen Fliesen,
freust dich an den Ferkelwitzen,
liest sie alle, auch die fiesen,
suchst Papier und mit Erschrecken
das längst fällige Rollo,
kannst es Gott sei Dank entdecken
irgendwo auf diesem Klo.
Wasserdampf auf Milchglasscheiben -
so was reizt dich ungemein,
deinen Namen dort zu schreiben,
doch das lässt du lieber sein.
Wirst zum Schluss Papier vergeuden,
für den Po und sowieso,
drückst die Spülung, machst dich fein
und haust endlich ab vom Klo.
Und verlässt du dann den Ort,
kramst zuvor du nach 'nem Heller,
legst mit einem Abschiedswort
ihn dem Klomann auf den Teller,
setzt dich, unendlich erleichtert
und so recht von Herzen froh,
dass die Zeit grad noch gereicht hat
für den langen Weg zum Klo.
Sterbenskrank
Ein Mensch liegt schon im Sterben, letzte Stufen.
Sein Arzt beschließt, es ihm zu sagen:
„Soll ich nach irgendjemand rufen?
Ihr Leben endet in zwei Tagen.“
Er hauchte: „Ja!“ Es flackern seine Augen.
„Und wen?“, fragt ihn der Arzt zurück.
„`Nen andern Arzt, weil Sie nichts taugen.
Das wär mein ganzes Glück“
Der Wolf und die sieben Geißlein
„Was ist das nur?“, sprach Isegrimm.
„Mein Magen drückt mich schlipp und schlapp,
als wären tausend Steine drin.
Ob ich zu viel gefressen hab?“
„Und warum grinst ihr mich so an,
als ob ihr euch darüber freut,
dass ich euch nicht mehr fressen kann?
Wo bleibt denn die Barmherzigkeit?“
„Du bist ein böser Nimmersatt,
der sechs von uns verschlungen hat!“,
sprach da die Geiß und deshalb haben
wir deinen Bauch dir vollgeladen.
Mit Wackersteinen, die nun rumpeln
und munter durcheinander pumpeln.
Damit du endlich einmal satt bist
und weder Geißlein noch ein Blatt frisst
Mäh! Bäh!“
Geld oder Leben
Der Räuber schreit: “Geld oder Leben!“.
Der Reiche muss nicht überlegen:
„Auf keinen Fall kriegst du mein Geld!
Denn wovon soll ich denn mal leben.
Ich muss doch mein Vermögen pflegen,
damit es bis ins Alter hält.“
Verschätzt
Mein Jugendfreund, der siebzig war,
besuchte mich nach vielen Jahren,
war völlig nass, ganz offenbar
bis zu den grauen Haaren.
So steht er tropfnass in der Tür.
„Wie kommt denn das?“, so fragen wir.
Er antwortet beklommen.
„Da ist ein Bach, nicht weit von hier,
den hab ich mal im Sprung genommen.
Doch diesmal war der Bach viel breiter,
und ich sprang nicht entsprechend weiter.
Bin bis zur Mitte nur gekommen.“
„Ach schau“, sprach ich, „das kenn ich auch.
Bück‘ ich mich, ist der Boden gar
viel weiter weg von Kopf und Bauch,
als er in meiner Jugend war.“
Was Ernstes?
Mein Freund ist heute leicht verstört,
sein Zustand ziemlich unerhört:
Ihn quält kein Schnupfen, Niesen, Husten,
kein Wadenkrampf, kein schweres Pusten,
ihn schwindelt nicht, ihn zwickt kein Zeh,
es tut ihm heute gar nichts weh,
noch nicht einmal sein Rheuma-Bein –
Das wird doch wohl nichts Ernstes sein?
Kompromisse schließen
Ich würd´ so gern das Handtuch werfen,
weil meine Schüler mich nur nerven,
doch leider muss des Geldes wegen
ich dieses Handtuch noch was pflegen.
So werf´ ich einen kurz hinaus,
und schimpf´ die anderen nur aus.
Refrain: Willst du dein Leben froh genießen,
dann musst du Kompromisse schließen.
Ich würd´ mich gern zur Ruhe setzten,
und mich am Sonnenschein ergötzen.
Doch Sonne scheint in Deutschland nicht.
So tu´ ich lieber meine Pflicht
Und sitz´ am Schreibtisch statt im Garten,
lass Sonne ruhig auf sich warten.
Refrain: Willst du dein Leben...
Ich würd´ so gern französisch speisen
und gern in die Provence verreisen,
doch weil sie dort französisch sprechen,
verzichte ich aufs Radebrechen.
Und Land und Leute sind mir schnuppe –
ich ess´ zu Hause Zwiebelsuppe.
Refrain: Willst du dein Leben...
Ich würd´ so gern in Spanien flirten,
mit Damen, die dort hingehörten,
als Caballero mich entfalten,
und mich auf Spanisch unterhalten.
Doch eh´ ich mich als Dummkopf zeige,
sag ich “si si”, “no no” –und schweige.
Refrain:Willst du dein Leben froh genießen,
Ich würd´ gern auf der Bühne steh´n,
dass alle meine Freunde seh´n,
wie ich dort meine Lieder singe,
das Publikum zum Rasen bringe.
Doch da ich etwas schüchtern bin,
leg´ ich im Bad die Arie hin.
Refrain:Willst du dein Leben...
Ich würd´ mich gerne lieben lassen,
am allerliebsten von den Massen,
doch diese lieben schon Madonna
und Michael Jackson, Sean O´Connor
So lass´ mich lieben wer, da will,
ich halte still.
Refrain: Willst du dein Leben…
Der Badeteich macht alle gleich
Da ist ein Badeteich am Dorfrand,
fast ohne Zivilisation,
wo früher man nur Sand und Torf fand,
tönt immer noch kein Megafon,
nur Bänke und ein Notfall-Klo,
ein Zaun und viele Schilder.
Doch sieht man manchen nackten Po,
und Jahr für Jahr wird´s wilder.
An Sonn- und Feiertagen,
wenn warmer Sonnenschein uns freut,
kannst du dort kaum zu baden wagen
in einem Badekleid.
Was schamhaft edler Marken-Zwirn
den Blicken sonst entzieht,
wird aufgedeckt. Dein kluges Hirn -
blöd, dass es niemand sieht.
Man zeigt halt nur die nackte Haut
und seine Schamhaar-Pracht.
Wer sich so was am Tag nicht traut,
kommt hierher nach halb acht.
Dann legen auch Honorationen
ganz locker ihre Leiber bloß
und lebensfrohe Senioren,
sie baden völlig kleiderlos.
Im milden Licht der Abendsonne
muss niemand sich verstecken
und darf mit neuentdeckter Wonne
die Enten dort erschrecken.
Spätes Mitleid
Krank war er schon viele Wochen,
unser Freund, im Bettgeblieben.
Niemand hatte ihn gesprochen.
Es war irgendwie verblieben.
Doch nun war er wieder munter
und stand plötzlich unter Leuten.
Ach, wie sich die Leute freuten!
„Ist es nicht ein großes Wunder?
Schön Sie so gesund zu seh´n,
und ich dachte schon Sie wären...
Wollte Sie besuchen geh´n ..“
Peinlich, so waszu erklären.
Wäre er doch krank geblieben.
Wenigsten noch ein zwei Tage.
Sicher hätt´ ich ihm geschrieben!
So verändert sich die Lage.
Schade, dass er schon gesund ist!
Kann mein Mitgefühl nicht preisen.
Was du doch für´n dummer Hund bist!
Ob gesund zu sein ein Grund ist,
mich ums Mitleid zu be...trügen?